Predigt von Pater Ivan zum 12. Sonntag im Jahreskreis

Aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus.

In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Aposteln: Fürchtet euch nicht vor den Menschen! Denn nichts ist verhüllt, was nicht enthüllt wird, und nichts ist verborgen, was nicht bekannt wird. Was ich euch im Dunkeln sage, davon redet im Licht, und was man euch ins Ohr flüstert, das verkündet auf den Dächern! Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, die Seele aber nicht töten können, sondern fürchtet euch eher vor dem, der Seele und Leib in der Hölle verderben kann! Verkauft man nicht zwei Spatzen für einen Pfennig? Und doch fällt keiner von ihnen zur Erde ohne den Willen eures Vaters. Bei euch aber sind sogar die Haare auf dem Kopf alle gezählt. Fürchtet euch also nicht! Ihr seid mehr wert als viele Spatzen. Jeder, der sich vor den Menschen zu mir bekennt, zu dem werde auch ich mich vor meinem Vater im Himmel bekennen. Wer mich aber vor den Menschen verleugnet, den werde auch ich vor meinem Vater im Himmel verleugnen.

„Homo homini lupus“  Ein Wolf ist der Mensch dem Menschen!

Ich habe nicht allzu viel vom Lateinunterricht behalten, aber dieser Spruch begleitet mich schon seit vielen Jahren und bleibt mir gut im Gedächtnis. Immer wieder bin ich mit dem Thema Vertrauen konfrontiert. Immer wieder mache ich die Erfahrung, wie es manchmal schwer ist, anderen Menschen zu vertrauen und sich in gewisser Weise „fallen lassen“. Auch Gott zu vertrauen ist nicht immer einfach für mich.

Die Enttäuschungen von Menschen denen ich mein Vertrauen geschenkt haben und die es missbraucht haben, rütteln ja immer wieder an der Seele. Manche Enttäuschungen hinterlassen auch bleibende Spuren und ich merke, dass sie mich zum Teil auch verändern. Zu diesen Enttäuschungen gehört auch die Enttäuschung von der Kirche als Institution und auch von der Gemeinschaft zu der ich momentan noch gehöre.

Unerfüllte Erwartungen von Gott und die Situationen in denen ich mich fragen musste: Gott, warum?? rütteln an meinem Vertrauen zu ihm, obwohl ich so oft seinen Segen, seine Begleitung und seine Lieben erfahren habe.

Und auch ich habe manche Menschen verletzt, die mir vertraut haben und deren Vertrauen ich durch mein eigenes fehlerhaftes Verhalten missbraucht habe.

Die Erfahrung verletzt zu werden und selbst zu verletzen tut wehe und mach das Vertrauen Gott und den Menschen gegenüber manchmal schwer.

Viele Gespräche mit den Menschen mit denen ich persönliche Beziehungen und Kontakte habe und mit denen ich um Vertrauen ringe, aber auch viele Gespräche als Seelsorger zeigen mir, dass ich mit dieser Erfahrung nicht alleine bin. Wir alle teilen sie miteinander! Wir alle ringen um Vertrauen zu uns selbst, zu unseren Mitmenschen und zu Gott. Und ich habe das Gefühl, dass uns viele gesellschaftliche Umstände heutzutage immer mehr die Situation erschweren.

Homo homini lupus! Wem kann ich vertrauen? Wie kann ich Gott vertrauen?

Jesus sagt im heutigen Evangelium: Fürchtet euch nicht vor den Menschen! Mir persönlich tut dieser Satz heute gut! Gott ermutigt mich, zu vertrauen! Die folgenden Setze des Evangeliums führen mir vor Augen, dass sich das geschenkte Vertrauen am Ende immer lohnt. Wenn ich immer wieder versuche, den Menschen voll vertrauen das zu geben, was Gott mir „ans Ohr flüstert“, dann entsteht nach und nach eine bessere Welt. Und wenn ich mich trotz alten Verletzungen immer wieder vertrauensvoll dem öffne, was der andere Mensch mir gibt – denn auch ihm „flüstert Gott ans Ohr“ – dann werden mich bestimmt oft auch befreiende und gute Botschaften erreichen.

Bei Euch aber sind  sogar die Haare auf dem Kopf alle gezählt! Wenn dieser Satz von einer Institution käme, würde ich mich sehr unwohl fühlen. Nun, aus dem Mund Gottes hört sich das heute für mich gut an! Darin erkenn ich, dass Gott, der mich liebt, jede meine Wunde und auch Schwachstelle im Blick hat. Nicht um mich zu bestrafen oder diese als Druckmittel zu nutzen, sondern um zu achten, dass sie mich nicht zu Grunde richten.

Nur von diesem Hintergrund her kann ich den oberen Satz verstehen!

 Fürchte dich nicht vor den Menschen! Hab keine Angst, vertrauen zu schenken! Gehe auf Menschen freudig und offen zu! Vertrauen ist (auch wenn es manchmal zu Verletzungen führt) der Weg zu einer göttlichen Welt!