Aus dem heiligen Evangelium nach Johannes.
In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern: Wenn ihr mich liebt, werdet ihr meine Gebote halten. Und ich werde den Vater bitten und er wird euch einen anderen Beistand geben, der für immer bei euch bleiben soll, den Geist der Wahrheit, den die Welt nicht empfangen kann, weil sie ihn nicht sieht und nicht kennt. Ihr aber kennt ihn, weil er bei euch bleibt und in euch sein wird. Ich werde euch nicht als Waisen zurücklassen, ich komme zu euch. Nur noch kurze Zeit und die Welt sieht mich nicht mehr; ihr aber seht mich, weil ich lebe und auch ihr leben werdet. An jenem Tag werdet ihr erkennen: Ich bin in meinem Vater, ihr seid in mir und ich bin in euch. Wer meine Gebote hat und sie hält, der ist es, der mich liebt; wer mich aber liebt, wird von meinem Vater geliebt werden und auch ich werde ihn lieben und mich ihm offenbaren.
„Wenn ihr mich liebt, werdet ihr meine Gebote halten“.
Dieser Satz aus der Rede Jesu hat mich sehr an unsere zwischenmenschlichen Diskussionen in der Familie in der Partnerschaft oder Freundschaft erinnert. Wenn du mich lieben würdest, würdest du…. Wenn ich dir wichtig wäre, würdest du…
Ja, so sagen sicher viele von uns in einer Diskussion, einem Streit zu unseren Nächsten. Im Hintergrund der Aussage steht das Gefühl, von einem lieben oder zumindest sehr wichtigen Menschen, nicht genug geliebt oder beachtet zu sein. Zumindest ich habe das schon öfters erlebt. Und als ich das Evangelium gelesen habe, kam mir die Frage, ob es eventuell zwischen Jesus und seinen Jüngern vorher auch etwas vorgefallen ist? Klar! Diese Worte hat Jesus nach seiner Auferstehung ausgesprochen, kurz vor seiner Himmelfahrt und ich erinnere mich an die Berichte von der Passion Jesu. Da haben sich die Jünger nicht unbedingt als gute Freuden erwiesen!
Ganz ehrlich; Wenn ich von meinen Freunden und lieben Menschen so etwas wie Jesus erleben würde, würde ich meine Enttäuschung, genauso ausdrucken: Wenn ich dir wichtig wäre, würdest du…. Wenn du mich lieben würdest, würdest du…
Der Gedanke, dass Jesus eventuell seine Kränkung durch seine Freunde so ähnlich ausgedrückt hat, wie ich, tut mir gut!
Auch wenn man im Augenblick der Enttäuschung die Freundschaft oder die Liebe des anderen in Frage stellt, weißt man ja meistens, dass man grundsätzlich dem Anderen doch wichtig ist, oder dass man vom Anderen geliebt ist. Deswegen habe ich solche Sätze immer eher als Kampf um die Qualität der Beziehung erlebt und nicht als einen wirklichen Zweifel. Unabhängig davon, wie wehe solche Worte im Augenblick tun, für mich waren sie schon immer ein Ansporn, aufmerksam zu sein und mehr auf die Bedürfnisse des anderen zu achten, dem anderen das zu geben was er tatsächlich braucht und nicht das was ich denke, dass er braucht.
Ich erlebe das heutige Evangelium so; Nach dem ganzen Desaster des Karfreitags, an dem sich die Jünger so daneben benommen haben, kämpft Jesus um die Qualität seiner Beziehung mit ihnen. Er führt ihnen vor Augen, was ihm in dieser Beziehung wichtig ist, worauf er Wert legt. Ich erlebe seine Worte heute so, als ob er ihnen sagen würde: Wisst ihr was, wenn ihr wollt, dass unsere Freundschaft, unsere Verbindung weiter besteht, dann benimmt euch bitte – achtet auf meine Worte, lebt so wie ich gelebt habe!
So wie es uns in unseren zwischenmenschlichen Beziehungen nicht gut tut, wenn wir ständig die Dinge ansprechen und immer wieder auf taube Ohren unserer Nächsten stoßen, so ging es bestimmt auch Jesus mit seinen Jüngern! Und so wie es für meine zwischenmenschlichen Beziehungen wichtig ist, aufmerksam zu sein, so ist es auch für meinen Glauben wichtig.
Das Evangelium motiviert mich neu, die Bibel ein wenig zurück zu blättern und noch mal zu schauen, was so alles Jesus wirklich wichtig war und am Herzen lag. Es weckt in mir auch die Frage nach der Qualität meines Christseins.
Auf welche Zeichen der Liebe zu Gott, zum Nächsten und zu mir selbst soll ich mehr achten?