Predigt von Pater Ivan zum 5. Sonntag der Osterzeit

Aus dem heiligen Evangelium nach Johannes.

In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern: Euer Herz lasse sich nicht verwirren. Glaubt an Gott und glaubt an mich! Im Haus meines Vaters gibt es viele Wohnungen. Wenn es nicht so wäre, hätte ich euch dann gesagt: Ich gehe, um einen Platz für euch vorzubereiten? Wenn ich gegangen bin und einen Platz für euch vorbereitet habe, komme ich wieder und werde euch zu mir holen, damit auch ihr dort seid, wo ich bin. Und wohin ich gehe – den Weg dorthin kennt ihr. Thomas sagte zu ihm: Herr, wir wissen nicht, wohin du gehst. Wie können wir dann den Weg kennen? Jesus sagte zu ihm: Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater außer durch mich. Wenn ihr mich erkannt habt, werdet ihr auch meinen Vater erkennen. Schon jetzt kennt ihr ihn und habt ihn gesehen. Philíppus sagte zu ihm: Herr, zeig uns den Vater; das genügt uns. Jesus sagte zu ihm: Schon so lange bin ich bei euch und du hast mich nicht erkannt, Philíppus? Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen. Wie kannst du sagen: Zeig uns den Vater? Glaubst du nicht, dass ich im Vater bin und dass der Vater in mir ist? Die Worte, die ich zu euch sage, habe ich nicht aus mir selbst. Der Vater, der in mir bleibt, vollbringt seine Werke. Glaubt mir doch, dass ich im Vater bin und dass der Vater in mir ist; wenn nicht, dann glaubt aufgrund eben dieser Werke! Amen, amen, ich sage euch: Wer an mich glaubt, wird die Werke, die ich vollbringe, auch vollbringen und er wird noch größere als diese vollbringen, denn ich gehe zum Vater.

Seit zwei Wochen entdecke ich neu, wie es schön ist, mit dem Fahrrad unterwegs zu sein. Fast täglich suche ich mir einen Weg (eine Route) aus und fahre los. Meistens schaue ich nach den Wegen die aus meiner Sicht schön sind und auf denen ich mich von der Natur und der Umgebung bereichert fühlen kann. Zum Teil hat der Weg für mich schon einen Sinn an sich, aber trotzdem möchte ich, dass er mich in gewisser Weise zumindest innerlich „weiter bringt“.

Aus dieser Erfahrung heraus frage ich mich heute; was bedeutet das für mich, wenn Jesus von sich selbst sagt, Er sei der Weg! Das Evangelium bittet mir Jesus als Lebensweg an! Wenn ich ihn heute ganz bewusst als den Weg meines Lebens annehmen will, dann muss ich mich genauso wie bei meinen Fahrradwegen auch fragen; Was ist mir bei einem solchen Weg wichtig? Was bittet mir genau dieser Weg an? Was macht ihn meiner Zeit, meiner Kraft und ja meines Lebens wert?

Und ich spüre, dass mir diese Frage immer wichtiger ist. Als ich Kind war, da war ich auch sehr viel mit dem Fahrrad unterwegs, aber nach der Qualität des Weges habe ich mich damals kaum gefragt. Der Weg hat Sinn in sich gehabt. Und mit dem Glauben war das genauso. In einer traditionell katholischen Umgebung lebend, habe ich mich nach dem Sinn des Glaubens weniger gefragt. Die Religion und die Kirche als Institution (nicht unbedingt der Glaube) beherrschten den Alltag aller in meiner Heimatstadt, ohne wenn und aber! Nun merke ich, dass ich mittlerweile in keinerlei Hinsicht einfach so unterwegs sein kann.

Jesus als der Weg! Was bringt mir dieser Weg?

Die Geschichte von den „ewigen Wohnungen“, dort irgendwo im Himmel und irgendwann nach dem irdischen Tod, begeistert mich ehrlich gesagt weniger. Schon immer musste ich über meine kroatischen Landsleute Kopf schütteln, weil sie hier in Deutschland in kleinen Wohnungen das Leben verbringen, nur damit sie in der Heimat Paläste bauen können, in die sie dann, wenn überhaupt, erst im hohen Alter einziehen. Und ich möchte einen Glaubensweg nicht nur auf die Ewigkeit hin gehen. Ich wünsche mir keinen Glaubensweg auf dem ich in diesem Leben auf der Sparflamme leben und auf alles verzichten muss, um „eine große Wohnung im Himmel“ zu haben, wenn ich mal tot bin.

Was bringt mir ein Glaubensweg, der nur im Jenseits etwas gibt? Wäre ein solcher nicht die Verachtung meines jetzigen Lebens, und letztendlich die Verachtung dessen was Jesus auf dieser Erde vorgelebt hat?

Manche von Ihnen erinnern sich noch an das Buch „Die Ewigkeit ist jetzt“, dass ich Ihnen in einer Predigt präsentiert und zitiert habe. Dieses Buch und andere Bücher die thematisch in diese Richtung den Glauben deuten, sprechen mich an!

Ewigkeit ist jetzt! Das Reicht Gottes kann für mich schon hier und jetzt beginnen, wenn ich Jesus als den Weg des Lebens wähle!

Jesus als den Weg des eigenen das heißt des irdischen Lebens zu wählen, ist für mich aus vielen Gründen anziehend. Denn das Reicht Gottes, dass er gepredigt und gelebt hat, war nicht nur auf Verzicht in diesem Leben und auf die Ewigkeit hin gerichtet.  In dieser Betrachtung möchte mit Ihnen nur die Gründe nennen, die mir am wichtigsten sind.

Der Gedanke von letzten Weihnachten z.B.! Der Glaube, dass Gott in Jesus Mensch geworden ist, führt mir vor Augen, dass er sich ganz bewusst entschieden hat, auch einen menschlichen Körper anzunehmen. Gott ist auch menschlicher Körper geworden. So habe ich mich mehrfach gefragt; Was bedeutet das für mich, dass Gott einen Menschlichen Körper (so wie meinen) angenommen hat? Gott fand es also nicht seiner Gottheit unwürdig, einen solchen Körper wie meinen zu nehmen und in diesem Körper Menschen zu begegnen.  Für mich ist das eine eindeutige Aufwertung meines eigenen Körpers, mit allem was ihn ausmacht. Mein Körper ist heilig, aber für mich nicht im Sinne von Unberührbar, sondern einer liebenden Aufmerksamkeit wert. Jesus ließ zu, dass die Menschen ihn berühren. Manche sind durch diese körperliche Berührung mit ihm wieder gesund geworden, haben sich angenommen und geliebt gefühlt, haben ja auch Jesus ihre Liebe dadurch erwiesen (z.B. Eine Sünderin salbt die Füße Jesu und küsst ihn Lk. 7,38 8,3)

Jesus ist für mich zum Weg eines liebenden Umgangs mit meinem eigenen Körper geworden. Seitdem ich auf diese Weise über die Menschwerdung Gottes in Jesus denke, achte ich viel mehr auf meine Gesundheit, mein äußerliches Aussehen und körperliches Wohlergehen. Seitdem ich Jesus in diesem Sinne als den Weg für mein Lebe angenommen habe, geht es mir körperlich besser und ich fühle mich wohler in meinem Körper, den er ist heilig – liebenswert!

Jesus führte ein ausgewogenes Leben. Sein Einsatz für die Menschen und seine Predigt waren ihm wichtig, wahre ja sein Lebensprogram. Und doch finden wir immer wieder die Stellen in der heiligen Schrift, die uns berichten, wie er sich ab und zu zurückgezogen hat – entweder alleine um zu beten oder mit seinen Freunden um Muse zu genießen und auszuruhen. Oft denke ich an diese Gewohnheiten, die er in seinem irdischen Leben hatte. Schon nach wenigen Jahren als Priester habe ich mich ausgelaugt und kaputt gefühlt. Meine Stelle als Krankenhausseelsorger wo ich drei Jahre rund um die Uhr für die Patienten und Angestellten eines Bezirkskrankenhauses da war, hat mich kaputt gemacht. Das schlimme war, ich selbst habe mich kaputt gemacht, weil ich gedacht habe, ein guter Priester muss so machen. Und dann haben ich irgendwann doch mit mehr Aufmerksamkeit gelesen, dass selbst Jesus mal Pause gemacht hat. Jesus ist für mich der Weg zu einem ausgewogen Leben geworden!

Und ich merke, dass viele Menschen, vielleicht auch viele von Ihnen, Jesus als gerade diesen Weg brauchen! Das Bewusstsein, dass der Gleichgewischt im eigenen Leben genauso wichtig ist, wie eigene Sendung, ist eine wichtige Botschaft des Evangeliums. Weder deine Arbeit, noch deine Familie, noch deine Kirchengemeinde haben das Recht, dich aus diesem Gleichgewicht zu bringen.

Jesus hat sich für die Bedürfnisse der Menschen interessiert und auf diese reagiert. Eine der für mich schönsten Stellen im Neuen Testament ist von der Heilung des Blinden von Jericho im Lk 18, 35-43. Da Fragt Jesus den Blinden: „Was soll ich für dich tun“?  Jesus kommt zu diesem Menschen nicht mit fertigen Antworten und Rezepten. Er verkauft nicht eigenen Kram, ohne sich zu frage, ob das ins Leben des anderen passt, ob es angebracht ist. Jesus fragt: Was willst du haben? Was soll ich dir tun? Jesus ist für mich zum Weg einer liebevollen Aufmerksamkeit dem anderen gegenüber geworden.

Oft fühle ich mich verletzt von den Menschen, die mich verzwecken und sich mir aufdrängen ohne sich zu fragen, was ich wirklich brauche. Von meiner Kirche fühle ich mich auch oft mit fertigen Antworten die „tiefere Wahrheit“ verkaufen, verzweckt und überrumpelt. Es ist mir aber auch bewusst geworden, dass ich oft genug auch selbst so gehandelt habe und immer noch handle. Und darunter leide nicht selten meine und unsere zwischenmenschlichen Beziehungen und verschleiern das Reich Gottes, das Jesus mir und uns schenken will.

Jesus als den Weg des Lebens annehmen bedeutet, öfters zu fragen; was willst Du, dass ich dir tue?

Jesus ist für mich in erster Linie ein Weg zum guten Leben hier und jetzt!